Das Beben: one more review

the magazine crescendo published another review of the phantastic review in Munic.
crescendo, das klassikmagazin / 3/03
Auf einen Blick / Ein knapper Rückblick auf Opernpremieren und Festivals der letzten zwei Monate
Heinz-Günter Vester

Ein Beben mittlerer Größe im Münchner Staatstheater am Gärtnerplatz. Der armenische Komponist Awet Terterjan (1929 – 1994) ist posthum mit seiner Oper Das Beben zu einem bewegenden Erfolg gekommen. Zentral ist in Terterjans Werk das Klangerlebnis, das durch ein aufwändiges Arsenal konventioneller Instrumente, seltener Schlaginstrumente und elektronischer Konserven bereitet wird. Der vielfach geteilte Chor erhöht die Raumwirkung des Theaters, während Teile des riesigen Orchesters auf dem zur Spielfläche umgestalteten Parkett platziert sind, wie auch die beiden aufopferungsvoll deklamierenden Solisten R. I. Ohlmann und W. Schwaninger. Ebenfalls im Parkett hält der Dirigent Ekkehard Klemm, der maßgeblichen Anteil an Zustandekommen und Gelingen dieser verspäteten Uraufführung hat, die musikalischen Fäden zusammen, während das Publikum von den Rängen und von einer auf der Bühne aufgebauten Tribüne aus das Geschehen verfolgt.
Da sich die Interpretation der Handlung durch Claus Guth minimalistisch auf wenige Gesten und Rituale beschränkt, besteht die eigentliche Inszenierung in einer Raumklanginstallation. Dass in eben diese das Publikum gleichsam hineingezogen wird, liegt vor allen an der Klangsprache Tertejans. Feinnervige Streicherklänge, brutale Bläserattacken, komplexe Rhythmen weben einen Klangteppich, der mal ein stabiles Fundament suggeriert und Muster erkennen lässt, dann aber wird dieser Teppich dem Hörer gleichsam unter den Füssen weggezogen, hebt ab in lichte Spiralen oder stürzt in gewaltige Tiefen hinab. Während sich das zentrale Beben zwar laut und heftig, gleichwohl nicht unvergleich eruptiv ausnimmt, ist es vielmehr das unter der Oberfläche lauernde Beben, das sich zunächst spannend ereignet, dann aber doch sich selbst, alle Beteiligten und das Publikum erschöpft.