Presseberichte zur 5. Symphonie in Berlin / MAERZMUSIK

Die 5. Symphonie in Berlin, im Rahmen des Festivals MAERZMUSIK 2003

aufgeführt vom Rundfunk-Symphonie-Orchester Berlin


Morgenpost, Berlin, 18.03.2003

Giganten schlagen Publikum
Schmerz lass nach: Eröffnung von MaerzMusik
von Volker Tarnow

…. Doch geschah nach der Pause ein Wunder: Awet Terterjans 5. Symphonie schlug die Zuhörer vor den Kopf wie ein Gigant aus längst versunkenen Zeiten.

Es lässt sich über diese 40 Minuten, in denen es weder so etwas wie Melodie, Rhythmus noch Entwicklung gibt, nur wenig sagen, und insofern befriedigt die Musik des 1994 verstorbenen Armeniers Terterjan nicht das aktuelle Bedürfnis nach theoretischer Legitimation und rhetorischem Spiel; immerhin hat Matthias Osterwold, der Programmmacher von MaerzMusik, erkannt, dass ausserhalb der akademischen Reservate und Tonstudios eine radikale, substanzielle Moderne existiert. Irgendwo im Baltikum oder im fernen Armenien, zum Beispiel. Man muss sie nur spielen. Dann wird sich allmählich auch ein größeres Publikum gewinnen lassen.


Tagesspiegel, Berlin, 20.03.03
Schlag die Glocke, wenn du dich traust
Ulrich Pollmann

…. In seiner 5. Sinfonie lebt der Armenier Awet Terterjan seine Vorliebe für lange, in sich ruhende Töne und prächtige Glockenklänge aus. … Er lebt selbstbewusst ein von europäischer Tradition unberührtes Ausdrucksbedürfnis.


Die Welt, 25.03.2003:

Auf der Suche nach neuer Musik

von Volker Tarnow

Vieles war öde bei dieser MaerzMusik, doch wussten sich die Veranstalter durch einen erfreulichen Stilpluralismus gegen Fundamentalkritik zu schützen. ……. Eine ziemlich dunkelbunte Mischung also, aus der ein unbekannter Smaragd hervorfunkelte, die vom Rundfunk- Sinfonieorchester Berlin zelebrierte, archaische 5. Symphonie des Armeniers Awet Terterjan – Musik, die die Komplexität von Welt nicht in unlustigem Materialfetischismus zu duplizieren sich
bemüht, sondern sich der wimmelnden Willkür widersetzt. Früher belächelte man solch östlich
stammelnde Weisheit. Heute, wo auch bei uns nur noch gestammelt wird, erkennen wir im tiefen Brunnen
von Terterjans Musik vielleicht das Spiegelbild eines anderen Gestirns.


Klassik Berlin, Aktuelles aus der Berliner Szene, März 2003

MAERZMUSIK 2003 – die Entdeckung der Randzone, daraus:

Armenischer Höhepunkt
Der Sonntag brachte die Begegnung mit dem bedeutendsten armenischen Komponisten auf dem Gebiet der Symphonie. Awet Terterjan erzählt in seinen Werken die traurige Geschichte seines Landes und Volkes, einem der ältesten Kulturvölker. Die 5. Symphonie besitzt eine visionäre Kraft und Ausdrucksgewalt, die tief berührt. Aus langen anhaltenden Tönen erhebt sich ein Klanggebirge, das in den armenischen Lebenswelten und Landschaften verwurzelt ist. Der Stil von Terterjan ist individuell und eigenständig. Die armenische Mentalität wird nicht durch folkloristische Effekte nachgezeichnet, obwohl das armenische Instrument, die Kamancha, zum Einsatz kommt. Aus dem zarten fragilen Klang dieses alten Instruments schöpft Terterjan seine Inspiration. Irgendwo zwischen Orient und Okzident angesiedelt, erzählt die 5. Symphonie die Jahrhunderte alte Geschichte eines geschundenen Volkes. Dieses Meisterwerk war die schönste Entdeckung, die man auf der Maerzmusik machen konnte. Das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin spielte mit spürbaren Engagement. Vor allem die rituelle Kraft dieser expressiven Musik wurde unter dem jungen Dirigenten Vykintas Bieliauskas deutlich herausgemeißelt. Er koordinierte den gewaltigen Apparat aus Schlagzeug, Kirchenglocken und riesigem Orchester mit Umsicht. Das Konzert war ein archaisches Klangerlebnis, das unter die Haut ging.

online auf: http://www.klassik-in-berlin.de/